Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall - 7 hannoversche Kneipenkrimis by unknow

Ein Pils, ein Sekt, ein Todesfall - 7 hannoversche Kneipenkrimis by unknow

Autor:unknow
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: zu Klampen
veröffentlicht: 2017-04-12T00:00:00+00:00


Katja Merx

Gaststätte: Eliseneck (Linden-Nord)

Für Frau Moffski. Sie weiß schon, warum.

Blut ist dicker als Bier

Eierlikör macht nicht tot, hat aber andere Folgen

»Harry, hol schon mal den Wagen …«, säuselt die mehr als vollbusige Blondine mit dem tiefen Dekolleté über die Theke. Alkoholgeschwängerter Atem streift die Wange ihres linken Trinknachbarn. »Hör ma’, ich heiß’ Bernd! Und ich hol hier gar nix!« »Is’ ja gut, beruhigen wir uns wieder, ne? Also, wer holt ma’ den Wagen? Tust du das für mich, Hardy?« Überschminkte Augen klimpern versucht charmant Richtung Kneipier. »Brauchst ’n Taxi, oder was?« »Sehe ich so aus, als könnte ich noch fahr’n? Ich fahr’ nirgends mehr hin. Aber wenn, dann fahr ich nach Hawaii, da soll’s schön sein. Kennst du Hawaii?« Hardy verneint. In diesem Moment legt Bernd seinen Kopf schwungvoll in den Nacken und kippt seinen elften Klaren hinunter. Dabei gerät er dermaßen in Schräglage, dass sein unförmiger, schwerer Körper sich nicht länger auf dem Barhocker halten möchte. Mit einem kräftigen Rumms klatscht er rücklings auf den Fußboden. »Ungeschickt kennt keine Grenzen«, lallt die vollbusige Blondine, die übrigens auf den Namen Beate hört, wenn sie möchte. Keine Sorge, die Welt im Eliseneck – oder auch Ellieck, wie die hippe Altherren-Szene-Kneipe liebevoll genannt wird – ist längst nicht so verrucht, wie es den Anschein macht. Das täuscht. Im Ellieck halten noch alle zusammen. Hier gehören alle zu einer Familie. Und Blut ist dicker als Bier oder wie das heißt. Und so stehen schon vier Kumpel von der Theke bereit, um den Bernd wieder hochzuhieven und auf seinem Hocker zu platzieren. »Ich nehm’ noch einen«, schnurrt er dann ganz wagemutig über den Tresen. »Aber nur noch einen«, sagt Hardy. »Is’ gebongt.«

Das Ellieck atmet noch dieses unverkennbare Eicherustikal-Flair. Früher saßen hier nur alte Männer am Thekenrund und kippten sich ein Pils nach dem anderen hinter die Binde. Vielleicht saß auch damals schon ein dralles Mädchen dazwischen, das sich mit einem tiefen Ausschnitt Aufmerksamkeit verschaffte. Viel geändert hat sich daran bis heute nicht. Abgesehen von der bereits erwähnten Elli-Family, allesamt mittelalt, trinkfest bis zum Umfallen und ohne jeden Zweifel dem Kreis des Vertrauens zugehörig. Frei nach dem Motto »Wozu ins Irrenhaus, wenn’s zum Eliseneck viel kürzer ist«, feiert die Elli-Family jeden verdammten Tag der Woche, an dem betreutes Trinken bei Hardy möglich ist. Ab und an stolpert eine Schar jugendlicher Touristen ins Ellieck. Doch meistens hat sich die Bande nur verlaufen und merkt recht schnell, dass diese Rock-Blues-Jazz-Kneipe nichts für zarte Techno-Ohren ist. Verschämt trinkt das junge Gemüse ein schnelles Bier, wagt eventuell noch eine unverbindliche Partie Billard und schwirrt wieder ab. Zum Glück, denn dann kann Hardy The Doors aufdrehen. Oder Jefferson Airplane. Oder Led Zeppelin. Und alle sind zufrieden.

Es ist Freitagabend. Keith Richards grinst wie gewohnt von der vergilbten Wand. Rauchschwaden wabern durch die Kneipe und aus den Boxen trällert eine unbekannte Lindener Band: »After the disco and after the rain, there is no need to speak …« Hat Hardy aufgelegt. Seitdem läuft die CD in Dauerschleife, aber das merkt hier keiner mehr. Der Spanier betritt die Szenerie, im Schlepptau sein Schenucki.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.